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90 Mile Beach and Cape Reinga


Leuchtturm und
Cape Reinga

An der Spitze der Nordinsel von Neuseeland findet sich Cape Reinga. Das ist ein bischen ein Betrug, weil es noch ein paar andere Kaps gibt, die nordlicher sind als Cape Reinga, aber es gibt keine Straßen die dorthin führen. Also verkaufen die Touristiker das hier als eine Art Nordkap. Zum Cape Reinga gibt es eine Schotterstrasse, aber es gibt noch einen besseren Weg dahin zu fahren: Über den 90 Mile Beach.

Auch das ist ein bischen geschummelt, weil der Strand in Wirklichkeit "nur" etwa 90 Kilometer lang ist und keine 90 Meilen. Das ist aber immernoch ein verdammt langer Strand. Weil der Strand recht tückisch sein kann für Autofahrer, erlauben es die Autovermieter hier nicht, daß man ihre Autos da lang fährt und das letzte Stück der Straße zu Cape Reinga ist eine Schotterpiste, die man auch nicht fahren darf. Darum habe ich mich entschlossen eine Bustour zu machen.

Die Tour dauert den ganzen Tag, schließt ein Mittagessen (mehr ein Picknick) mit ein und kostet jetzt in der nicht-mehr-ganz-Hauptsaison 30$. Offenbar funktioniert hier Marktwirtschaft: Es gibt mehrere Unternehmen, die genau die gleiche Tour anbieten, was die Preise niedrig hält.


90 Mile Beach

Von Kataia aus fährt man mit dem Bus entweder die Straße rauf zum Kap und den Strand runter oder umgekehrt, das hängt von den Gezeiten ab. Mein Bus fuhr zuerst den Strand hoch. Der Fahrer war ein Maori, der uns erst lang und breit auf Maori begrüßte und dann einen Witz nach dem andere riß, im Stile von:
"Wer macht die Tour hier zum ersten Mal?" Alle Hände gehen hoch, seine auch. "Ich mach das auch zum ersten Mal, man sagt mir der Strand sei recht tückisch, aber das bekommen wir hin, schließlich hab ich meine Busfahrer-Lizenz schon eine Woche."

Nicht alle Witze waren so flach und verbraucht, es war eigentlich ganz nett. Außerdem erklärte er natürlich die Sehenswürdigkeiten unterwegs und erzählte die alten Maori-Legenden um die Orte, die wir sehen. Cape Reinga war nach dem Glauben der Maori der Ort, wo die Seelen der Verstorbenen ins Wasser gehen, um dann in Hawaiki, den sagenhaften Ursprungsland der Maoris, einer Art Paradies, wieder aufzutauchen. Einiges Gebiet um Cape Reinga ist als heiliges Land der Maoris gesperrt für Normalsterbliche.

Und noch etwas konnte der Busfahrer, er konnte singen. Und so fuhren wir den Strand hinauf, über eine Stunde lang, links brandet das Meer gegen den Strand, rechts die Sanddünen und dahinter Wald. Dazwischen ein schöner, sauberer, gelber Sandstrand. Und der Busfahrer singt dazu Maori-Lieder. Er singt eine Ballade vom Häuptling eines Maori-Clans, der seiner Frau überdrüssig wurde, weil er eine jüngere liebte und der seine schwangere Frau mit einem Boot mit aufs Meer nahm und sie dort mit einem Gewicht am Bein aus dem Boot stieß. Zuhause erzählte er, daß seine Frau beim Fischen ertrunken sei. Aber die Frau rettete sich auf eine kleine Insel, die dem Strand vorgelagert ist und gebar Zwillinge. Und als sie alt genug waren schwammen sie an den Strand, um ihre Mutter zu rächen. Sie brachten den Vater um und erzählten allen was passiert war.

Über uns schweben die Möwen. Ab und zu holen sie sich eine Muschel und lassen sie wieder fallen. Die Muschel bekommt davon so einen Schrecken, daß sie sich öffnet, und die Möwe kann die Innereien fressen. Wenn die Muschel nicht schreckhaft genug ist, dann macht die Möwe das eben so lange, bis die Schale kaputt geht.


Schlittenfahren
im Sand

Ansonsten geht es immer weiter den Strand lang, zwischendurch gibt es ein paar Felsen, die bei Ebbe erreichbar sind und die ideal zum Fischen sind. Ein Fischer hat grade einen anderthalb-Meter-Hai gefangen. Und dann geht es rein in die Dünen, die Busse treffen sich hier zu einem Halt an einer besonders schönen Düne und die Busfahrer verteilen Plastikschlitten zum Sand-Schlittenfahren. Das ist nicht ganz so gut, wie im Schnee, weil man nicht so schnell wird, aber die Nordländer hier kennen ja keinen Schnee. Und wenn man eine steil genuge Düne nimmt, dann ist das eine lustige Sache. Bei der dritten Abfahrt bin ich dann umgekippt und die Düne runtergekollert, was bedeutete, daß ich den Rest des Tages in Sand eingehüllt rumgelaufen bin.

Über eine Schotterpiste geht es dann noch die letzten Kilometer zu Cape Reinga, wunderschöne Landschaft mit Felsen und Buchten und Busch und so, aber das ist ja fast schon normal hier. Ein Leuchtfeuer gibt es an der Spitze und einen kleinen Parkplatz für die Touristenbusse und ein paar Häuser drumrum. Und natürlich den obligatorischen Wegweiser, der anzeigt, wie weit man von einigen Orten dieser Erde weg ist.


Cape Reinga

Mittagessen dann an einem netten Strand ganz in der Nähe. Ich hatte noch einen ziemlichen Sonnenbrand vom Tag davor, den ich am Strand verbracht habe und bin so nicht baden gegangen und hab mich stattdessen in den Schatten gesetzt und mit dem Landvermesser aus Wellington geschwatzt, der mit seiner Familie auf Urlaub war und dem schwedischen Architekt und wer da halt sonst noch so mit auf der Tour war. Meine Sitznachbarin im Bus war leider etwas langweilig. Die selbe Tour, aber in einem anderen Bus machten drei deutsche Tramper, die ich den Tag zuvor aufgepickt hatte und zwei neuseeländische Radfahrer, die ich 2 Tage zuvor auf einer Fähre kennengelern hatte. Es gibt zwar eine Millionen Touristen im Jahr in Neuseeland, aber die konzentrieren sich auf wenige Plätze und wenn man etwas draußen ist und in die selbe Richtung reist, wie jemand anders, dann sieht man sich zwangsläufig immer wieder, soviele Plätze und Straßen gibt es hier nicht.

Auf dem Rückweg gibt es dann noch einen Abstecher zu einem tollen Strand mit richtigem weißem Sand. Einer der anderem aus dem Bus hat sich extra eine Flasche davon mitgenommen.

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